Gesellschaftspolitische Bedeutung
Das Recht des Einzelnen auf eine lebenswerte Umgebung
Wo ein Windpark gebaut werden soll, bildet sich beinahe zwangsläufig Widerstand, denn niemand möchte unter Schattenwurf und dauerhafter Lärmbelästigung durch Großindustrieanlagen leiden und die Verschandelung der ihn umgebenden Natur hinnehmen.
Im öffentlichen Diskurs hat sich dafür die Formel festgesetzt: Alle wollen Windkraft, nur nicht hinterm eigenen Haus! In dieser Kurzfassung erscheinen die betroffenen Bürger als selbstsüchtige Ignoranten, die nur Vorteile genießen, aber keine Nachteile ertragen wollen.
Es handelt sich dabei aber nicht um kindischen Egoismus, sondern einen durchaus ernstzunehmenden Konflikt:
Anwohner eines Windparks erleiden eine empfindliche Einschränkung ihres Wohlbefindens und ihrer Gesundheit und müssen zudem einen erheblichen Wertverlust ihrer Häuser hinnehmen, ohne im mindesten vom Bau der Anlage zu profitieren.
Profiteure der Windkraft sind dagegen zuallererst die Energieunternehmen mit ihren Planungsbüros und Betreiber-GmbHs, die in großem Stil Lobby-Arbeit betreiben und ihre Interessen offensiv der Politik gegenüber vertreten.
Einzelne Bürger sind allzu häufig machtlos. Sie müssen sich erst in Gruppen und Verbänden zusammenfinden, um Gehör zu erlangen, und der einzige Weg, einen Windpark zu verhindern, ist der Verweis auf Artenvielfalt und Naturschutz, denn die menschliche Art gilt offensichtlich nicht als schützenswert.
Sozialpolitische Verwerfungen
In zweiter Linie Profiteure der Windkraft sind die Landbesitzer, die für ihre Flächen enorme Pacht (6000€/ha/Jahr) erhalten, wenn sie diese für die Windkraft zur Verfügung stellen.
Der Westoverledinger Hammrich ist seit Generationen geprägt durch die Milchwirtschaft. Ein Teil der Landbesitzer sind Bauern, die das von ihnen selbst bestellte Land nun an Windparkbetreiber verpachten und dafür erheblich mehr Geld erhalten, als sie jemals mit ihrem Milchviehbetrieb erwirtschaften könnten. Für diese Bauern erscheint die Windkraft als Lösung all ihrer Sorgen.
Ein weiterer Teil der Landbesitzer lebt allerdings nicht vor Ort und verpachtet zukünftig Land an die Windparkbetreiber, das sie bislang nicht selbst bestellt, sondern an örtliche Landwirte verpachtet haben. Diese Pächter sind für ihre Betriebsführung ganz oder teilweise abhängig von den Pachtflächen. Durch den Bau von Windenergieanlagen verlieren sie nicht nur einen Teil ihres Pachtlandes, sie sind auch in der Konkurrenz um Ersatzflächen deutlich schlechter gestellt als die Bauern, die als Grundbesitzer direkt von den Erträgen der Windkraft profitieren.
Durch verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität, die im Masterplan Ems 2050 festgeschrieben sind, ist Agrarland an der Ems zu einem knappen – und damit teuren – Gut geworden, um das die Bauern ohnehin schon mit verschiedenen Institutionen der öffentlichen Hand konkurrieren. Jetzt ist ein neuer Konkurrent hinzugekommen und es drohen soziale Verwerfungen, die zu einem knallharten Verdrängungsprozess führen werden!
Mangelnde wirtschaftliche Beteiligung der Anwohner
In Niedersachsen gilt Windparkbetreibern die Auflage, 0,2 Cent pro eingespeister Kilowattstunde Strom an die Gemeinde abzuführen und eine weiterführende Beteiligung der Bevölkerung am Windpark zu ermöglichen.
Während jedoch für die Landbesitzer schon vor etlichen Monaten unterschriftsreife Pachtverträge vorlagen, hat es bislang noch keinerlei Bemühungen der Projektionsbüros um die Bevölkerung in der Nachbarschaft gegeben. Auch von seiten der Gemeinde liegen bislang keine Informationen zu einer möglichen Beteiligung vor.
Landschaft als Allgemeingut
In seinem Internetauftritt bewirbt das Land Niedersachsen die Region Ostfriesland als „Dreiklang von Marschland, Moor und Geest“, das seinen unverwechselbaren Charakter bislang habe bewahren können. „Das weite Land hinterm Deich lädt zum Entspannen und aktiven Erleben ein…“
Der Tourismus stellt in Ostfriesland einen nicht unerheblichen Wirtschaftsfaktor in dar. Die Gemeinde Westoverledingen ist dabei vor allem für Fahrradtouristen interessant. Gleich mehrere nationale und internationale Fahrradrouten führen durch die Emsmarsch. Die uns umgebende Natur ist damit nicht nur für uns, sondern auch für andere Erholungssuchende ein Aktivposten, der in Geld nur schwer bemessen werden kann.
Die Umwandlung eines Erholungsgebietes für alle in ein Industriegebiet, von dem nur wenige – dafür aber um so mehr – profitieren, stellt neben dem konkreten Wertverlust der Häuser eine weitere stille Enteignung der Bevölkerung dar!